Ägypten war schon immer ein wenig ein Pulverfass. Jetzt kommt die Situation in Tunesien hinzu, die Selbstverbrennungen, sich mit den Tunesiern solidarisierende Ägypter, Angriffe und Konflikte zwischen Kopten und Muslimen, etc.. Ich hoffe es nicht - aber das, was in Tunesien passiert ist, könnte auch in Ägypten passieren. Und dieser Fall eintritt, dann dürfte es auch wegen der ethnischen Konflikte im Land ein klein wenig heftiger ausfallen.
Derzeit sind touristische Zonen nicht betroffen, das meiste spielt sich eher in den großen Städten wie z. B. Kairo und Alexandria ab. Etwas ändern muss sich in Ägypten. Es kann z. B. nicht sein, daß es einem Hotel egal ist, ob es nun 40 oder 60 Kellner im Restaurant hat, weil die eh alle selten mehr als € 250,- (wenn überhaupt) im Monat verdienen. Personal kostet ja fast nix. Und es kann auch nicht sein, daß ein simpler, kleiner Kühlschrank für einen hart arbeitenden Ägypter selbst im mittleren Hotelmanagement ein fast unerschwinglicher Luxus ist. Oder daß hinter den Kulissen Kinder den Müll sortieren. Oder daß auf Hotelbaustellen 10jährige Jungs Steine und Zementsäcke schleppen, anstelle zur Schule zu gehen. Dem kritisch hinterfragenden Europäer wird in solchen Situationen gerne geantwortet: "Die Jungs besuchen nur ihre Väter und die wollen nur ein bißchen helfen und spielen..."
Ok, es ist ein anderes Land, es gelten andere Lebensstandards und man kann es wirklich nicht mit Europa vergleichen - aber wenn man so manche ägyptische Großmogule mal live erlebt hat, dann fragt man sich schon, wie der normale ägyptische Arbeiter das aushält (z. B. morgens um 05.00 angefangen, die letzten Kisten vor einer Hoteleröffnung auszupacken, Möbel aufbauen und schleppen, putzen, herumrödeln, erstes Abendessen der ersten paar Gäste ist um 21.00 beendet.... Buffet bleibt aber stehen, Kellner stehen weiterhin brav Spalier (obwohl sie sich nach dem langen Tag kaum noch auf den Beinen halten können), weil Big Boss & Gattin sich noch angekündigt haben...diese erscheinen dann um 22.30 - Buffet ist natürlich derweil eingetrocknet und Madame verlangt nach dem Hammertag noch Sandwiches und Sushi - was alles frisch gemacht wird, aber unangetastet stehenbleibt
) und immer noch ein Lächeln und meist gescheiten Service für den Gast aus Europa zustandebringt....
Nach meiner Einschätzung ist es durchaus möglich, daß die Lage in Ägypten genauso (und heftiger) eskaliert wie in Tunesien - wobei sich damit zumindest die, die vom Tourismus abhängig sind, ins eigene Fleisch schneiden. Ich hätte vollstes Verständnis, wenn die Menschen in Ägypten auf die Barrikaden gehen und wünsche sehr vielen von ihnen bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen.
Und ich denke auch, daß es in Ägypten knallen wird. Die Frage ist nur: Wann? Und das kann derzeit niemand beantworten. Es kann jetzt eskalieren, morgen, nächste Woche oder nächstes Jahr. Oder in 5 oder 10 Jahren.
Eine gewisse Unsicherheit ist da - und das führt zu Buchungsrückgängen... Man darf aber auch nicht vergessen, daß Ägypten in den letzten Jahren einen kleinen Boom in der Tourismusbranche erlebt hat und die Besucherzahlen von Jahr zu Jahr gestiegen sind. Daß das irgendwann wieder abflaut, ist fast normal - es fragt sich nurwie stark der Rückgang wirklich ist und ob der Rückgang nur wegen geänderter Gästeinteressen passiert oder ob politische Unsicherheit eine Rolle spielt...