Ob er etwas wusste, ob er vollständig in den Prozeßketten involviert war oder vielleicht auch nur teilweise - wir wissen es nicht und werden es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht erfahren. Das Winterkorn nun geht (gehen muss) überrascht nicht. Erstens muss einer die Verantwortung übernehmen und zudem rät das Krisenmanagement in solchen Situationen, den Gesamtverantwortlichen aus der Schußlinie zu nehmen.
Würde Winterkorn bleiben, würde die mediale und politische Schlacht gegen ihn immer größer werden. Daran hat bei VW aktuell niemand Interesse. Die bisherigen Vorkommnisse erzeugen schon genügend negative Presseartikel. Nimmt man aber den Vorstandsvorsitzenden aus der Schußlinie, entfernt man schon mal
eine Angriffsfläche. Das hat außerdem zur Folge, dass die Presse sich jetzt auch damit beschäftigt, wer denn der Nachfolger wird. Eine Spekulation (Nachfolge-Diskussion), die keinen zusätzlichen Schaden anrichtet.
Was insgesamt erstaunt, dass der Wettbewerb (Daimler, BMW, Toyota etc.) sich erstaunlich ruhig verhält. Haben die diversen anderen Automobilhersteller im Fall der Abgasmanipulation wirklich
alle eine gänzlich "saubere Weste" ? Jedenfalls klingen die beiden sehr kurzen Statements von BMW und Daimler nicht besonders überzeugend. Und warum checken die US-Behörden nicht die Abgase der zahlreichen anderen Automobilhersteller ? Hätte ich als Automobilhersteller eine "saubere Weste" würde ich auf die Überprüfungen drängen, um mich anschließend (werbewirksam) in Szene zu setzen.
Wenn bei anderen Automobilherstellern ähnlich gearbeitet wurde - und das käme jetzt heraus - wäre das für VW nur gut. Ganz schnell würde die
gesamte Autoindustrie weltweit an den Pranger gestellt und VW käme etwas aus der Schußlinie. Die Manipulation würde relativiert.
Hinter den Kulissen wird garantiert auf sehr unterschiedlichen Ebenen
enorm agiert. Es geht um Strafen, u.U. in Milliarden Höhe. Um den Wert der Aktie, um das Image, um den Stellenwert der Marke in den USA, um Absatzzahlen, um die mittelfristige Erfolgsplanung und vor allem darum, jetzt strategisch keinen Fehler zu machen.
Schadensbegrenzer und Krisenmanager übernehmen jetzt für einige Wochen in der VW Gruppe das strategische Management.