Das Borgo Agnese befindet sich in Brno noch fast in der Stadtmitte, ist aber für Ortsfremde nicht ganz so einfach zu finden, da es etwas versteckt in einer Seitenstraße liegt. Taxi hilft weiter und ist in Brünn sowieso bezahlbar. Wer mit den öffentlichen Verkehrsmittel anreist fährt entweder bis zur Haltestelle Nemocnice oder sv. Anny oder Šilingrovo náměstí - zwischen diesen Stationen liegt dann das Borgo Agnese.
Was von außen noch etwas unscheinbar wirkt, ist im Innenbereich dann durchaus edel und schick eingerichtet. Würde man so fast nicht vermuten, denn die Art der Fahne über dem Eingang hinterlässt einen Touri-Restaurant - Eindruck. Da wir aber schon mal da waren und auch reserviert hatten, wurden wir dann auch freundlich und professionell empfangen. Zwar ein wenig zurückhaltend, was aber evt. auch an der Sprache liegen konnte, wobei wirklich alle im Service durchweg verständliches Englisch sprachen.
Wir entschieden uns für das Degustationsmenü Grand für 899 CZK mit korrespondierenden Weinen für 419 Tschechischen Kronen - umgerechnet also rund 50 € pro Person inkl. Wein. Ausgeschrieben war das Menü mit 6 Gängen + Sorbet.
Der Einstieg bildete eine wirklich große Auswahl an verschiedenen Broten mit Baguette, hellem und dunklen Brot, dann noch Grissini und Weiterem. Da könnte man fast schon ein wenig Angst bekommen, was denn später als Couvert auf der Rechnung steht. Nicht, dass die einzeln abrechnen. Aber keine Angst: Das Couvert wurde auf der Rechnung mit 50 CZK gesetzt - für 2 Personen wohlgemerkt. Also nicht einmal 2 € für beide. Dazu wurde dann noch eine Art Kräuterquark-Frischkäse gereicht.
(Brotauswahl und Aufstrich als Couvert)
Es folgte das Amuse-Gueule, welches an dieser Stelle nicht mehr genau beschrieben werden kann, aber lecker war.
(Amuse-Gueule)
Die Vorspeise:
Thunfischtatar mit Kapern und ein wenig Sardellen (Anchovis). Alles schön geschichtet und mit einer weißen Espuma garniert. Klein, fein (fast etwas zu klein) und durchaus gelungen.
(Tatar vom Thunfisch)
Zweiter Gang:
Consommé mit Agnolotti und Foie gras.
Eine klare Suppe / Brühe von der Ente mit Agnolotti, die mit Foie gras gefüllt waren. Foie gras halte ich in einem italienisches Restaurant persönlich für unsinnig und fragwürdig und auch geschmacklich fiel die Suppe etwas ab.
(Consommé von der Ente)
Dritter Gang:
Gegrillter Octopus auf Kichererbsenpüree
Getauschter Gang (was problemlos möglich war), da es mir definitiv hier und zuvor noch nie nach Veal sweetbreads (laut Karte) Thymus bzw. Kalbsbries stand. Der Oktopus passte gut, wobei der Espuma der selbe, wie beim Thunfisch war.
(Gegrillter Oktopus)
Zwischengang und Gang No. 4:
Tajarin in truffle emulsion (so die Karte). Schön beschrieben, wobei die Tajarin eben nur Tagliolini sind, aber eben den Namen aus dem Piemont haben. Mein Stamm-Italiener beschreibt das immer nett als Schnicki-Schnacki, manch einer sagt: Schnick-Schnack. Handwerklich perfekt, wobei man mich grundsätzlich mit künstlichem Trüffel-Geschmack niemals überzeugen wird.
(Nudeln mit Trüffel - Emulsion)
Sorbet
An dieser Stelle sei erwähnt, dass das Sorbet nicht als Nachtisch zu sehen ist, sondern eher als Zwischengang bzw. zur Neutralisation des Gaumens zwischen den Gängen. Für mich fast ideal gelöst, um dem Gaumen etwas Luft für das Hauptgericht zu geben. Warum fast? Weil ich mir das Sorbet idealerweise etwas mit mehr Säure für diesen Zweck gewünscht hätte bzw. ggf. etwas mit mehr Flüssigkeit. Für mich ideal: Ein kleines Sorbet aufgegossen mit Prosecco oder Champagner gerne sogar zum Trinken.
Hauptgericht
Entenbrust mit Zutaten.
Die Zutaten Miso (als Knusper), Mandeln, Mangold und Avocado (in Stücken und als Creme) und dazu noch ganz dezent etwas Chili. In der Ausführung gelungen und die Ente in in hochwertiger Zubereitung.
(Entenbrust als Hauptgang)
Dessert:
Rhabarber - Parfait, Pistazien / Nüsse und Madeleines (in kleinen Stücken). An dieser Stelle sind wir wieder bei dem bereits erwähnten
Schnicki-Schnacki. Zu viel, zu überladen. Hier ein "
normales" Tirmamisu oder Panna cotta, einfach ein gut gemachtes italienisches Dessert hätte mir persönlich besser gefallen.
(Dessert im Borgo Agnese)
Service:
Obwohl es den einen oder anderen Aussetzer gab (z.B. Wein vergessen), fand ich das Personal überdurchschnittlich gut geschult und auch in guter Stimmung. Man merkte, dass sie Spaß hatten, hier zu arbeiten und transportierten das auf ihre Gäste weiter. Was etwas auffiel, ist dass sie irgendwie mit Kritik (nicht von unserer Seite) eher etwas merkwürdig umgehen - allerdings hatten wir nichts zu meckern und auf einen kurzen Hinweis kam auch schnell der "vermisste" Wein.
Preis-/Leistung:
Für Tschechien und besonders für Brno im deutlich höheren Preissegment. Für "unsere" Verhältnisse allerdings in einem sehr fairen Verhältnis. Das Couvert wurde erwähnt, das Menü und der Preis für die begleitenden Weine auch. Ansonsten sind die Flaschenpreise nicht so günstig, wobei es wirklich eine gute und große Weinkarte gibt. Ein Prosecco vorweg (auf Empfehlung des Kellners) kostete knapp 3,50 € und für eine Flasche Wasser bezahlt man rund 3,70 € (0,7l) San Pellegrino - also man weiß schon, dass man an anderer Stelle das Geld wieder verdienen kann. Trotzdem war der Besuch für mich jeden Cent wert.
Fazit:
Einige Dinge sind gut gemeint müssten aber nicht sein. Gut, wahrscheinlich gibt es auch in Brno einen Markt bzw. eine Nachfrage für Gerichte wie Bries und Foie gras, die evt. an anderer Stelle nicht "befriedigt" wird. Aber ... wenn ich "beim Italiener" bin, erwarte ich persönlich dies nicht und brauche es auch nicht. Da wir aber über Geschmäcker und Ansichten urteilen, kann ich nur für mich reden. Ansonsten hatte ich einen schönen Abend mit gutem Essen und vernünftigem Wein. Die Empfehlung für dieses Restaurant ist uneingeschränkt und sollte jemand ein anderes oder auch ähnliches Erlebnis mit diesem Restaurant haben, freue ich mich auf einen Text direkt unter meinem.
Meine Meinung:
Essen:



XX
Ambiente:




X
Preis-/Leistung:




Service:




X
Gesamteindruck:




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