Und ich bin mir gar nicht so sicher, dass sich jeder Spanier das gerne anschaut.
Ich kenne eine Menge Spanier und auch etliche Katalanen - und den allermeisten ist Stierkampf herzlich egal. Fußball ist wichtiger. Manchmal auch Motocross - Rennen. Aber in Spanien akzeptiert man den Stierkampf als traditionellen Teil der Kultur und nimmt ihn einfach hin. Diejenigen, die Stierkampf ernsthaft betreiben oder dabei mitfiebern, sind eher eine kleine Randgruppe. Es ist sozusagen für viele ein Manifest - auch wenn sie selbst wenig damit anfangen können und auch gegen diese Blutbäder sind. Aber man lebt halt damit.
Den Katalanen geht es eigentlich mehr um den Erhalt der eigenen Sprachkultur und Mentalität und um Autonomie selbst - wer Catalán spricht, der wendet es auch stolz an. Das merkt man z. B. wenn man mit offenen Augen und Ohren durch Mallorcas Dörfer fährt. Als Deutscher hat man da übrigens allerhöchsten Respekt, wenn man sich bemüht, neben fließendem Spanisch auch ein paar Wörter Catalàn herauszubringen. Fließendes Spanisch ist schon sehr viel wert - aber eine geradebrechte Getränkebestellung auf Catalán bedeutet fast den Ritterschlag für den ausländischen Gast
Am Stierkampf soll es nicht scheitern - darauf könnte man notfalls noch verzichten. Es eher das Prinzip, daß schon wieder etwas verboten werden soll, was den Katalanen lange lieb und teuer war, welches die Gemüter erregt.
Ich selbst befürworte und unterstütze den Stierkampf nicht. Ist nicht meine Welt und mein Rinderfiletsteak oder Carpacchio schmeckt mir besser, wenn ich weiß, daß das Tier glücklich aufgewachsen ist und schmerzlos sterben durfte. Ich würde niemals einen Stierkampf besuchen wollen, eher würde ich den Stier adoptieren und bis an sein Lebensende auf irgendeine Kuhweide stellen, wo er mit den Kühen freie Liebe praktizieren darf. Aber ich akzeptiere es, wenn der blutrünstige Kampf Teil einer uralten Kultur ist. Ich habe als Deutsche nicht das Recht, die Kultur eines anderen Landes zu verurteilen, sondern muss mich damit arrangieren und mir meinen Weg dadurch bahnen.
Jede Kultur hat positive und negative Aspekte - und als Gast im fremden Land eignet man sich die positiven Aspekte an und toleriert die negativen als Teil der Kultur und der Mentalität.